Einführung und Aufladen von Elektrofahrzeugen: Einflussfaktoren
CSFM-Seminar mit Dr. Davide Cerruti, Dr. Ursa Bernardic und Professor Massimo Filippini vom Center for Energy Policy and Economics (CEPE) zu aktuellen Forschungsergebnissen, Dr. Luca Castiglioni vom BFE/BFE zu Politik und Forschung und Dr. Martin Everts, Geschäftsführer der AMAG Energy & Mobility, zur Sicht der Industrie.
Über das Seminar
Die Elektrifizierung des privaten Personenverkehrs ist für die Senkung der Kohlenstoffemissionen und der Luftverschmutzung im Verkehrssektor von entscheidender Bedeutung. Daher scheint eine allgemeine Einführung von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEVs) entscheidend zu sein, um aktuelle Dekarbonisierungsziele erreichen zu können.
An diesem Seminar erläuterte Davide Cerruti die Auswirkungen der aktuellen Einflussfaktoren, die von verschiedenen Kantonen genutzt werden, sowie die Rolle von Photovoltaikanlagen. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass einige dieser Einflussfaktoren nicht so wirksam waren wie ursprünglich erwartet, was eine weitere Evaluierung rechtfertigt. Darüber sind Sonnenkollektoren für die Einführung von BEVs von Relevanz. Die Präsentation konzentrierte sich zudem auf Stromtarife mit direkter Laststeuerung und wie der Spitzenenergiebedarf von BEVs abgeschwächt werden kann.
Neben den wirtschaftlichen Anreizen beeinflussen auch psychologische Faktoren die Einführung von BEVs. Ursa Bernardic stellte dar, dass die meisten Autobesitzer falsche Vorstellungen haben, was die Einführung von BEVs betrifft. Diesen psychologischen Barrieren und Bedenken könnten jedoch durch personalisierte, skalierbare, nicht-monetäre Intervention begegnenn, um die Akzeptanz gegenüber Elektrofahrzeugen zu erhöhen, welche von politischen Entscheidungsträgern, Autoherstellern und Händlern umgesetzt werden könnte.
Luca Castiglioni des Bundesamts für Energie (BFE) gab Einblicke in die CO2-Emissionen des Verkehrssektors und wie sie sich nach den aktuellen Prognosen entwickeln dürften. Aufgrund der prognostizierten Entwicklung der Fahrzeugflotte könnte in Zukunft eine bedeutende Stromspeicherkapazität zur Verfügung stehen. Diese Kapazität hat das Potenzial, mit dem Stromnetz zu interagieren. Die Abteilung Mobilitätsforschung des BFE fördert die Forschung zu diesem Bereich.
Martin Everts der AMAG Energy & Mobility betonte in seinem Vortrag das Potenzial der E-Mobilität zur Stabilisierung der Stromnetzschwankungen, die durch den massiven Ausbau der PV-Stromerzeugung entstehen. Das Unternehmen sammelt wichtige Praxiserfahrungen durch die Kommerzialisierung von E-Fahrzeugen, bietet Ladelösungen an und betreibt eine beträchtliches Angebot an Ladeinfrastruktur im ganzen Land. Mit Smart Charging, einer Technologie, die zeitversetztes Laden in einem günstigen Zeitfenster ermöglicht, will die AMAG die Stromkosten für ihre Kunden optimieren und einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität und Sicherheit des Stromnetzes leisten.
Im Anschluss an die Präsentationen fand eine beschwingte Diskussion statt, die von Professor Massimo Filippini moderiert wurde und dem Publikum die Möglichkeit gab, Fragen zu stellen und mit den Experten zu diskutieren. Mehrere Kommentare bezogen sich auf das Potenzial des Einsatzes von BEVs, um ein flexibles Stromnetz zu ermögliclhen. Es scheint klar zu sein, dass intelligente Lösungen für eine bidirektionale Anbindung an das Stromnetz zwar zur Verfügung stehen, aber eine angemessene Regulierung und geeignete Geschäftsmodelle zur Bewältigung der zusätzlichen Komplexität ebenfalls entscheidend sind. Außerdem scheinen Nutzer von BEVs nicht wirklich bereit zu sein, mit dieser Komplexität umzugehen, welche nichtsdestotrotz vom Stromnetzbetreiber oder den Automobilherstellern bereitgestellt werden sollte.
Letztendlich wieder ein spannendes Thema, das CSFM-Mitglieder aus verschiedenen Abteilungen sowie Vertreter der Industrie und anderer akademischer Einrichtungen zusammenbrachte. Vielen Dank an alle Mitwirkenden und an das hervorragende Publikum.
Wenn Sie die Veranstaltung verpasst haben oder die Präsentationen noch einmal nachlesen möchten, finden Sie unter den nachstehenden Links weitere Informationen.
Downloads
- Download vertical_align_bottom Factors influencing the adoption and charging of electric vehicles (PDF, 1.6 MB)
- Download vertical_align_bottom EVAdopt - De-biasing electric vehicle adoption with personalized nudging (PDF, 2 MB)
- Download vertical_align_bottom Powering electric mobility: Grid integration and convergence of EV and PV (PDF, 2.5 MB)
Impressionen
Kurzbiografien und Abstracts
Davide Cerruti ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Energiepolitik und -wirtschaft. Sein Hauptgebiet befindet sich in der Analyse der öffentlichen Politik im Verkehrs- und Energiesektor. Er hat verschiedene wissenschaftliche Arbeiten und Buchkapitel zur Fahrzeugbesteuerung und zu Maßnahmen zur Förderung der Dekarbonisierung des Verkehrssektors in der Schweiz und weltweit veröffentlicht.
Der erste Teil des Vortrags wird sich auf zwei politische Maßnahmen konzentrieren, die von den Schweizer Kantonen in den letzten Jahren zur Förderung der Einführung von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEV) eingesetzt wurden: Kaufsubventionen und Rabatte auf die kantonale Kraftfahrzeugsteuer. Durch die Analyse von Politikänderungen und Fahrzeugzulassungsdaten in einem Regressionsrahmen stellen wir fest, dass Kaufsubventionen zur Förderung von BEVs beitragen, während Rabatte auf die Kfz-Steuer nicht effektiv sind. Eine mögliche Erklärung dafür ist die geringere Sichtbarkeit von Steuerermäßigungen zum Zeitpunkt des Autokaufs. Wenn der Marktanteil neuer BEVs bereits einige Prozentpunkte hoch ist, werden Kaufsubventionen weniger kosteneffizient bei der Förderung der Einführung von BEVs. Umgekehrt kann die Politik kosteneffizient sein, wenn der Anteil von BEVs relativ niedrig ist. Wir stellen auch fest, dass die Installation von Solaranlagen einen positiven Einfluss auf die Einführung von BEVs hat: Subventionen, die die Einführung von Solaranlagen fördern, können sich auch auf die Einführung von BEVs auswirken.
Der zweite Teil des Vortrags befasst sich mit Stromtarifen mit direkter Laststeuerung (DLC), die von bestimmten Stromversorgern in der Schweiz zur Verringerung der Spitzenstromnachfrage eingesetzt werden. Bei einem DLC-Tarif erhalten die Kunden eine Entschädigung dafür, dass sie dem Stromversorger erlauben, den Betrieb einiger großer elektrischer Geräte, wie Ladestationen und Wärmepumpen, während der Spitzenzeiten zu steuern. Wir führen ein Feldexperiment mit den Kunden eines Schweizer Stromversorgers durch, um zu untersuchen, ob die Bereitstellung von mehr Informationen über einen DLC-Tarif oder die Übernahme der Organisations- und Installationskosten für das DLC-Fernbedienungssystem die Abonnementraten für diesen speziellen Tarif erhöht. Wir stellen fest, dass mehr Informationen über einen DLC-Tarif, die mit einem Video bereitgestellt werden, und die Übernahme der Organisations- und Installationskosten die Annahme von DLC-Tarifen erhöhen, obwohl diese Steigerungen bescheiden sind. Der Effekt der Übernahme der Organisations- und Installationskosten war zwar wichtiger als die Informationsbehandlung, aber die Installationskostenbehandlung ist auch teurer. Daher kann eine Informationsbehandlung auf der Grundlage von Videos ebenfalls eine wirksame Strategie sein, um die Einführung von DLC-Tarifen zu fördern.
Ursa Bernardic ist Post-Doktorandin am Centre for Energy Policy and Economics und hat Erfahrung in der Entscheidungsforschung. Sie nutzt interdisziplinäre Ansätze, darunter Neuroökonomie, Marketing und Kognitionswissenschaft, um Experimente durchzuführen, die Informationen über nachhaltige Konsumstrategien liefern.
Der Ersatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs) ist wichtig, um die Klimaziele zu erreichen und einen nachhaltigen Transport zu fördern, der mit den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen und dem Pariser Abkommen übereinstimmt. In diesem Projekt identifizieren wir drei Wahrnehmungsfehler, die mit der Akzeptanz von Elektrofahrzeugen verbunden sind, und adressieren sie mit personalisierten, nicht-monetären Informationsbehandlungen, um die Akzeptanz von BEVs bei Besitzern von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zu erhöhen. In einer randomisierten kontrollierten Studie mit 3181 Autobesitzern messen wir das Ausmaß von Wahrnehmungsfehlern in Bezug auf Reichweitenangst, Ladeangst und Gesamtbetriebskosten (TCO). Wir stellen fest, dass die Personen in Bezug auf diese drei Aspekte starke Fehleinschätzungen haben. In einem randomisierten Kontrollversuch führen wir dann drei personalisierte Informationsinterventionen ein, um jedes dieser Vorurteile zu korrigieren, basierend auf dem tatsächlichen Fahr- und Parkverhalten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Maßnahmen, und insbesondere die TCO-Informationsmaßnahme, die Kaufpräferenzen für BEVs wirksam erhöhen.
Luca Castiglioni leitet seit 2020 den Forschungsbereich Mobilität am Bundesamt für Energie (BFE) und beschäftigt sich dabei insbesondere mit der Netzintegration der E-Mobilität. Zuvor war er als Dozent für Physik an der Universität Zürich tätig, wo er auch im Bereich der elementaren Energieumwandlungsprozesse forschte – unter anderem am PSI und an der UC Berkeley. Er studierte an der ETH Zürich, wo er auch in physikalischer Chemie promovierte. Neben seiner akademischen Laufbahn war er für Startups und Technologieunternehmen tätig und engagiert sich in verschiedenen Verwaltungsräten und Beiräten.
Die rasche Verbreitung der Elektromobilität stellt eine gewisse Herausforderung für das Energiesystem und das Stromnetz dar. Das BFE erwartet, dass bis 2035 mehr als die Hälfte der Schweizer Fahrzeugflotte elektrifiziert sein wird. Dies entspricht einem erheblichen zusätzlichen Bedarf an elektrischer Energie in der Grössenordnung von 7 TWh. Das Wachstum der Elektromobilität und der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik, gehen jedoch Hand in Hand.
Dr. Martin P. Everts ist seit 2022 Geschäftsführer der AMAG-Gruppe AG im Bereich Energie & Mobilität. Als Mitglied der Geschäftsleitung ist er für die Bereiche Energie und Elektromobilität sowie für die Tochtergesellschaften Helion Energy AG und Clyde Mobility AG verantwortlich.
Zuvor war Martin Everts in verschiedenen Führungspositionen bei der Axpo Holding AG tätig. Zuletzt war er als Head of Strategy & Transformation für die Entwicklung der Konzernstrategie, die Energiewirtschaft sowie die Bereiche Technologiemanagement, Digitalisierung und Innovation verantwortlich.
Martin Everts ist auch Unternehmer und er war in verschiedenen Start-ups aktiv. Zudem ist er in der Lehre und Forschung tätig und hat mehrere Artikel zu Themen der internationalen Energiewirtschaft veröffentlicht.
Massimo Filippini ist ordentlicher Professor für Wirtschaftswissenschaften und hat seit Oktober 1999 eine gemeinsame Professur an der ETH Zürich und der Università della Svizzera Italiana. Er ist Direktor des Centre for Energy Policy and Economics (CEPE) und Mitglied des Center for Economic Research (CER-ETH) der ETH Zürich. Darüber hinaus ist er Research Affiliate am Center for Energy and Environmental Policy Research (MIT), Koordinator des Netzwerks Empirical Methods in Energy Economics (EMEE) und Mitglied des Board of Country Representatives der European Association of Environmental and Resource Economists (EAERE). Professor Filippinis Hauptfachgebiete sind: Energiewirtschaft und -politik, Verhaltensökonomie, angewandte Ökonometrie und öffentliche Wirtschaft.